Welche Motive leiten mich?
Neulich habe ich mich wieder selber ertappt. Folgende Situation: Ich gehe mit meinem Mann einkaufen. Die ersten milden Abende stehen bevor und unser Garten lädt zum Verweilen und spontanen Apéros ein. Unter anderem kaufen wir Bier, alkoholhaltige und alkoholfreie. Bei der Kasse nimmt mein Mann die schweren Einkaufstaschen und mir bleiben die Biere.
Mein erster Gedanke: Lass uns die Lasten tauschen. Sieht doch komisch aus, wenn ich die Biere trage. Zudem trinke ich selber ja gar kein Bier.
Sofort ertappe ich mich dabei, dass ich nur daran denke, was andere denken könnten. Dann besinne ich mich. Spielt das wirklich eine Rolle? Welche Motive leiten mich bei meinen Entscheidungen?
Ich merke, wie oft ich im Alltag zuerst nach außen schaue. Was denken andere? Was wirkt passend, freundlich, souverän – oder zumindest nicht auffällig? Und wie schnell ich dabei vergesse, nach innen zu horchen.
Manchmal sind es nur Sekunden: Ich halte kurz inne, bevor ich etwas poste – nicht, weil ich mir unsicher bin, was ich sagen will, sondern weil ich überlege, wie es ankommt. Ich räume schnell noch die Küche auf – weil ich denke, was mein Besuch sonst von mir hält. Ich schreibe eine Nachricht um, weil ich nicht «zu direkt» wirken will. Ich lache mit, obwohl mir gar nicht danach ist – weil ich dazugehören will.
Ich bin nicht fremdbestimmt. Ich habe ein gutes Leben, bin beruflich engagiert, manage 4-5 Agenden unserer Familie, nehme mir Zeit für die Kinder, trage Verantwortung. Und doch: Zwischen Alltagsroutine und innerem Autopilot verliere ich manchmal aus dem Blick, was ich eigentlich will.
In diesen Momenten hilft mir eine einfache Frage:
Tue ich das, weil es mir wirklich wichtig ist – oder weil ich denke, dass es von mir erwartet wird?
Es geht nicht darum, egoistisch zu sein. Es geht darum, bewusst zu handeln. Klar zu haben, was mir entspricht – und was nur aus einer Vorstellung heraus geschieht, wie ich wirken sollte. Wenn ich das erkenne, verändert sich etwas. Ich werde wacher. Sanfter mit mir. Klarer in meinen Entscheidungen.
Und manchmal trage ich dann eben ganz selbstverständlich die Flaschen Bier. Nicht, weil ich ein Zeichen setzen will (oder dann nur für mich) - sondern weil es schlicht gerade passt.